Increased voyage efficiency can't arrive soon enough
Staus sind in der Schifffahrtsbranche seit Jahren eine Tatsache. Der Begriff war auch nicht immer unbedingt negativ besetzt. Bei Schiffen im Spothandel ermutigt ein starker Markt die Charterer, Fracht zu nehmen, wo und wann sie können – zum Vorteil der Eigner, die manchmal sogar fürs Warten bezahlt werden.
Für die Betreiber komplexerer Lieferketten sind Staus fatal, da sie die Zeitpläne durcheinander bringen, die zum großen Teil auf die Bedürfnisse ihrer Kundschaft abgestimmt sind, deren Waren sie transportieren.
Der Stau, der auf das Unglück der Ever Given folgte und sich in der Zeit der Erholung nach den coronabedingten Ausfällen noch verstärkte, bot einen sehr öffentlichen Einblick in eine Welt, von der viele nicht wussten, dass sie überhaupt existiert.
Der vom Maklerunternehmen Clarksons veröffentlichte Index für die Überlastung von Containerschiffen erreichte im Juli einen neuen Rekord: 37,8 % der Kapazität der Containerschiffsflotte waren im Hafen gebunden. Monatelange Staus und Streiks haben dazu geführt, dass Zehntausende von Containern die Häfen von der US-Westküste bis nach Nordeuropa verstopft haben.
Jetzt werden Staus immer häufiger, sei es aufgrund neuer Lockdowns wegen der Coronapandemie, niedriger Wasserstände auf den Binnenschifffahrtsstraßen oder struktureller Ineffizienz in bestimmten Häfen. Der Einmarsch Russlands in die Ukraine und dessen Auswirkungen auf den Handel mit Kohle, Getreide, Düngemitteln, Flüssiggas, Rohöl und Ölprodukten haben selbst auf robuste Volkswirtschaften einen fast unerträglichen Druck ausgeübt.
Trotz der Prognosen über eine Verlangsamung des Welthandels, die die Aussichten für das Volumen von Containern und Massengütern dämpfen, bleibt die Überlastung ein Problem für Reeder, Betreiber, deren Kundschaft und Hafenbehörden.
Die Krise hat auch ein noch größeres Problem in den Fokus gerückt. Ineffiziente Lieferketten bedeuten mehr CO2-Emissionen, und das genau zu dem Zeitpunkt, an dem die Industrie Emissionen eigentlich reduzieren müsste.
Die Notwendigkeit, Verspätungen zu verringern, die Effizienz zu steigern und die durch Staus verursachten CO2-Emissionen zu reduzieren, ist so groß, dass verschiedene öffentliche und private Initiativen ins Leben gerufen wurden, um die Beteiligten an einen Tisch zu bringen, um Standards zu entwickeln und an neuen Technologien und Vertragsbedingungen zu arbeiten, damit diese auf breiter Basis eingesetzt werden können.
Diese Initiativen, die auf den Konzepten der Just-in-Time-Verschiffung und des Optimum Ship Routing basieren, sind die vielversprechendsten Lösungen, die bisher vorgeschlagen wurden. Beide basieren auf der Ausarbeitung der besten Route für ein Schiff auf der Grundlage von Echtzeitwettervorhersagen, Schiffsmerkmalen und Hafenbedingungen, um die Fahrt mit minimalen Verzögerungen zu absolvieren.
Vor allem begrenzt JIT die Zeit, die Schiffe außerhalb der Häfen im Leerlauf verbringen. Dies wird durch die Optimierung der Schiffsgeschwindigkeit während der Fahrt erreicht, um sicherzustellen, dass das Schiff ohne unnötige Verzögerungen ankommt und abfährt.
Aber trotz dieses offensichtlichen Vorteils bedeuten zahlreiche operative und vertragliche Hindernisse, dass JIT noch nicht sehr weit verbreitet ist.
Bei einer normalen Fahrt muss sich das Schiff an die vereinbarten Servicegeschwindigkeiten und Ankunftszeiten halten, und der Hafen muss sicherstellen, dass die Ressourcen für den Schiffsliegeplatz zu diesem Zeitpunkt verfügbar sind. JIT erfordert eine Anpassung der Frachtverträge, damit ein Schiff bei der Überfahrt seine Geschwindigkeit erhöhen oder reduzieren kann, um die laufend aktualisierte Ankunftszeit einzuhalten.
Moderne Schiffe verwenden verschiedene Techniken, um die Zeit abzuschätzen, die sie zum Erreichen eines Ziels benötigen, wobei Wetter, Gezeiten und Strömungen berücksichtigt werden. Solche Schätzungen sind nicht immer ganz einfach.
Schiffsbetreiber sehen sich mit Problemen wie der Geheimhaltung von Informationen über die Schiffskonstruktion oder die Motorleistung konfrontiert, die die Genauigkeit ihrer Schätzungen und alle Bemühungen zur Berechnung und Optimierung des damit verbundenen Kraftstoffverbrauchs verbessern würden.
Ohne diese Informationen kann die mathematische Modellierung oder die Schaffung von „digitalen Zwillingen“ – virtuelle Nachbildungen von physischen Anlagen, Prozessen und Systemen – eine Herausforderung darstellen und damit die Angabe einer genauen Ankunftszeit erschweren.
Die Hindernisse für JIT an Häfen sind ebenso zahlreich. Nur wenige Häfen besitzen geeignete Managementsysteme zur Schätzung der Ressourcen (z. B. Lotsen, Schlepper oder Liegeplätze), die über einen Zeitraum von 24 oder 48 Stunden hinaus zur Verfügung stehen. Eine Standardisierung des Formats von Daten ist erforderlich, damit eine Automatisierung und weitere Optimierung möglich ist.
Es bedarf einer viel engeren Zusammenarbeit zwischen dem Schiffseigner/-betreiber und dem Charterer, um die vertraglichen Verpflichtungen Dritter zu überwinden und die Vorteile von Treibstoffeinsparungen und Emissionsreduzierungen zu nutzen.
Die Umsetzung des JIT-Ankunftskonzepts erfordert eine ganzheitliche Betrachtung der Fahrt, einschließlich besserer Planung, proaktiver Routenplanung, Geschwindigkeitskontrolle und reaktionsschneller Hafenaktivitäten. Aber wenn dadurch genügend Wartezeit im Hafen und die damit verbundenen Emissionen wegfallen, ist das Ergebnis ein Gewinn für beide Seiten.
Parallel zur zunehmenden Überlastung der Versorgungskette hat die Digitalisierung zu einem dramatischen Anstieg der Nachfrage nach und der Investitionen in Lösungen geführt, die die Effizienz des Transports und des Warenflusses verbessern und die CO2-Emissionen reduzieren.
Da sich die Branche immer mehr auf ein virtuelles Betriebsmodell zubewegt, ist die Digitalisierung von Prozessen wie der Fahrten- oder Routenoptimierung zu einer Notwendigkeit geworden, um Wettbewerbsvorteile zu erzielen. Diese neu gewonnene Agilität wird es den Unternehmen ermöglichen, ihre Geschäfts- und Verschiffungsabläufe effizienter zu gestalten und wird zum Katalysator für die Umsetzung von JIT-Verschiffungsstrategien.