Weiterbildung in der Schifffahrt in Zeiten von COVID
COVID-19 hat bis heute Auswirkungen auf jeden Bereich der Schifffahrt, und nirgends so sehr wie bei der Fortbildung von Seeleuten. Das Niveau der maritimen Aus- und Weiterbildung wurde sowohl von Unternehmen als auch von den Ausbildungseinrichtungen gesenkt. Gleichzeitig ist die Zahl der Seeleute, die ihre Fortbildungsmaßnahmen selbst bezahlen, im Jahr 2021 auf mehr als die Hälfte gestiegen.
Aus dem diesjährigen Bericht der Maritime Training Insights Database (MarTID) geht hervor, dass die Budgets der Ausbildungseinrichtungen gestiegen sind, während die Schiffsbetreiber im Jahr 2021 weniger Geld für Fortbildungsmaßnahmen ausgegeben haben.
Fast 70 % der Betreiber waren der Meinung, dass das Weiterbildungsangebot insgesamt reduziert wurde, und 17 % sahen eine Budgetkürzung von mehr als 75 %. Mehr als 60 % der Unternehmen gehen davon aus, dass diese Einschränkungen im Weiterbildungsbereich zu einem erheblichen Rückstand geführt haben, der aufgeholt werden muss, sobald die Auswirkungen der Pandemie nachlassen.
Vergangene Umfragen haben gezeigt, dass die Schulungsbudgets bei den Schifffahrtsunternehmen durchweg gestiegen sind. In diesem Jahr meldeten jedoch 30 % einen Rückgang ihres Schulungsbudgets für 2021 im Vergleich zu 2020, während weitere 50 % keine Erhöhung ihrer Budgets verzeichneten.
Schulungseinrichtungen in der Seefahrt waren davon weniger betroffen. 45 % erhöhten ihr Schulungsbudget im Vergleich zum Vorjahr und fast 60 % gaben an, dass sie im kommenden Jahr mit einer Erhöhung der Budgets rechnen.
Die Unternehmen, die im letzten Jahr Schulungsmaßnahmen durchgeführt haben, nannten die Präsenzschulung nach wie vor als die am häufigsten genutzte Schulungsmethode. 85 % der Betreiber nutzten sie in hohem oder mittlerem Maße. Dennoch ist der tatsächliche Umfang der Präsenzschulungen stark zurückgegangen. 60 % der Befragten berichten von einem Rückgang gegenüber dem Vorjahr und weitere 25 % erwarten, dass sie im kommenden Jahr weniger davon Gebrauch machen werden.
Diese Entwicklung spiegelt sich im Boom des E-Learnings wider, bei dem internetbasierte Ressourcen zum Einsatz kommen. 76 % der Befragten gaben an, diese stark oder mittelmäßig zu nutzen. Etwa 80 % der Betreiber haben eine Zunahme der Nutzung von E-Learning festgestellt, und drei Viertel der Befragten rechnen mit einer weiteren Zunahme im kommenden Jahr.
Dies überrascht kaum, denn im zweiten Jahr berichteten fast alle Betreiber, dass ihre Fähigkeit, Weiterbildungsmaßnahmen anzubieten, durch Reisebeschränkungen und andere Hindernisse beeinträchtigt wurde.
Noch beunruhigender ist vielleicht, dass der Bericht einen bemerkenswerten Anstieg der Zahl der Seeleute feststellt, die für ihre Weiterbildung selbst aufkommen, wobei mehr als die Hälfte der Befragten angab, ihre Fortbildungsmaßnahmen selbst finanziert zu haben. Etwa 20 % der Seeleute gaben an, dass sie mehr als ein Fünftel ihres Jahreseinkommens für ihre persönliche Weiterbildung aufwenden.
Die Auswirkungen der Pandemie haben auch dazu geführt, dass Seeleute ihre berufliche Laufbahn überdenken und möglicherweise andere Branchen ins Auge fassen. Dem Bericht zufolge gab ein Drittel der befragten Seeleute an, dass sie eher nicht in ihrem derzeitigen Beruf bleiben würden.
Im Vorwort des Berichts stellt John Allen, Direktor der Abteilung Maritime Professional Development bei der Kreuzfahrtgesellschaft Carnival Corporation, fest, dass es nach zwei problematischen Jahren ebenso viele Fragen wie Antworten gibt, wenn es darum geht, wie die Aus- und Weiterbildung von Seeleuten am besten auf dem neuesten Stand gehalten werden kann.
Er stellt die Frage, ob die verstärkte Nutzung des digitalen Lernens die bevorzugte Methode bleibt, ob ältere, etablierte Ansätze der Aus- und Weiterbildung wieder zur Norm werden, oder ob die Branche in Zukunft einen kohärenteren und gemischten Ansatz verfolgen wird, bei dem Online- und Präsenzunterricht miteinander kombiniert werden.
Er fügt hinzu, dass die Ausbildungseinrichtungen in der Schifffahrt „in eine akute, reaktive Position gezwungen wurden, um die Sicherheit und die Einhaltung der Vorschriften zu gewährleisten. Der Umfang der computergestützten Schulungsmaßnahmen nahm rasch zu, wobei die geforderte Dringlichkeit der Maßnahmen manchmal zwangsläufig zu Qualitätseinbußen führte“. Die Ergebnisse sind unterschiedlich, von Anbietern, die lediglich ihr Kursprogramm online gestellt haben, bis hin zu herausragenden Beispielen von Pre-Learning, Online-Sessions und Follow-up-Webinaren.
„Es besteht jedoch kaum ein Zweifel daran, dass der bessere Zugang zum digitalen Lernen, der geringere ökologische Fußabdruck und die niedrigeren Kosten sowohl von den Unternehmen als auch von den Teilnehmenden positiv aufgenommen wurden“, fügt er hinzu.
Wie der Bericht deutlich macht, haben die Pandemie und die Maßnahmen in den unterschiedlichen Ländern viele Systeme der allgemeinen und beruflichen Bildung negativ beeinflusst. Trotz dieser Herausforderungen fuhren die Schiffe der Welt weiter und sind sogar noch wichtiger geworden, um den Transport essenzieller (und nicht essenzieller) Güter aufrechtzuerhalten. Allerdings ging dies zu Lasten der Weiterbildung: Die Zeitpläne wurden durcheinander gebracht und es mussten Investitionen getätigt werden, um nach Möglichkeit Onlinekurse anbieten zu können.
Die Studie kommt zu dem Schluss, dass die fehlende Möglichkeit für Seeleute, vom Schiff aus an Schulungen teilzunehmen oder zu diesem Zweck von Bord zu gehen, im Zusammenspiel mit dem eingeschränkten Zugang zu Einrichtungen, die eine optimale Fortbildung ermöglichen, mittel- bis langfristig Auswirkungen auf die Verfügbarkeit von kompetenten Seeleuten haben wird – selbst dann, wenn man den potenziellen Anstieg der Fluktuationsraten im Zusammenhang mit der Seefahrt als Beruf außer Acht lässt.
Während zwar ein Drittel der befragten Seeleute angab, dass sie trotz der negativen Auswirkungen der Pandemie der Schifffahrt wahrscheinlich treu bleiben werden, sollten wir uns Gedanken darüber machen, wie diese wichtigen Arbeitskräfte weiterhin die nötige Weiterbildung erhalten, um sich und ihre Schiffe zu schützen.